BLÜHENDES RICKENBACH

Zum Jubiläuums-Jahr des Naturpark Südschwarzwald wurde in den ersten Newsletter zur Kampagne "Blühender Naturpark" unsere Initiative "Blühendes Rickenbach" vorgestellt. Anbei eine Abbildung des Textes beider Newsletter:

 

„Blühendes Rickenbach“

Seit 2014 nimmt die Gemeinde Rickenbach am „Blühenden Naturpark“ teil und hat im Zuge dessen bereits verschiedene kommunale Flächen gemäß der Zielsetzung der Kampagne umgestaltet. In enger Verzahnung mit den Tätigkeiten der Gemeinde hat sich von Beginn an das ehrenamtliche Engagement von einzelnen Personen und Vereinen sehr dynamisch entwickelt. Unter dem zentralen Stichwort „Siedlungsgrün“ wurden gemeinsam bereits verschiedene Projekte realisiert, die konzeptionell zusammenhängen.

 

Mit dem Ziel, konkrete Maßnahmen gegen das Artensterben vor Ort zu unternehmen, wurde vor zehn Jahren die Umwandlung von Siedlungsgrün in naturnahes, insektenfreundliches Grün angegangen. Die Initiative hierfür ging vom Schwarzwaldverein Vorderer Hotzenwald e.V. aus. Die thematische Wanderausstellung des Naturparks wurde nach Rickenbach geholt, und es wurden mehre öffentliche Vorträge zu diesem Thema gehalten. Unter der Überschrift „Blühendes Rickenbach 1.0“ wurde die Gemeinde mitsamt Bauhof ins Boot geholt, erste Flächen wurden umgestaltet. Zusätzlichen Schub bekam die Initiative im Jahr 2017 durch das Programm „Natur nah dran“ des Landes Baden-Württemberg und des NABU, wozu auch die örtlichen Garten-Landschaftsbau-Betriebe einbezogen wurden. (Nähere Infos und Fotos von dieser ersten Phase sind hier zu finden: http://www.netzwerk-naturschutz-wt.de). In den ersten Jahren waren die Maßnahmen auf öffentliches, innerörtliches Grün beschränkt.

Ab 2022 wurde die Initiative auf „Blühendes Rickenbach 2.0“ ausgedehnt. Wesentliches Merkmal dieser Weiterentwicklung war die Erweiterung auf den gesamten Siedlungsraum, also auch private Grünflächen. Im selben Jahr wurde der unter dem Label „Hotzenwald-Naturgarten“ angelegte Privatgarten von Ralf Engel im Rahmen der bundesweiten Kampagne „Tausend Gärten – tausend Arten“ ausgezeichnet und konnte fortan als Positivbeispiel für naturnahes Privatgrün dienen. Es wurden wiederum mehrere Vorträge zu dem Thema gehalten und 2023 eine „offene Gartentür“ für die interessierte Öffentlichkeit organisiert. Jedes Jahr wurden zudem neue Flächen in ganz Rickenbach angelegt.

Ein weiteres Element der erweiterten Initiative war die gezielte Ansprache örtlicher Vereine mit dem Angebot, bei der naturnahen Umgestaltung von deren Flächen behilflich zu sein – meist in Form von Baum- und Heckenpflanzungen, durch Extensivierung der Pflege sowie durch die Anlage von Säumen mit Langgras-Strukturen.

Man wollte jedoch nicht innerorts verweilen. Bereits seit 2018 werden zwei ökologische Auswahlflächen im Straßenbegleitgrün betreut, also außerorts. Dies schließt die Erstellung eines abgestimmten Pflegeplans und von Erfahrungsberichten mit Erfolgskontrolle ein, denen zufolge die Vorkommen der botanischen Zielarten (z. B. Orchideen und Berg-Sandglöckchen) deutlich gestärkt werden konnten.

Am 13.05.2024 wurde im Jubiläuumsjahr vom Naturpark Südschwarzwald das Praxis-Seminar der Initiative „Blühender Naturpark Südschwarzwald“ für Bauhof-Mitarbeiter in Rickenbach ausgerichtet.

 

„Blühendes Rickenbach 2.0“

Es sollen nun die neuesten Projekte/Initiativen vorgestellt werden, die unter der Überschrift „Blühendes Rickenbach 2.0“ firmieren.

Zentrales Projekt der jüngeren Vergangenheit war die Neu-Anlage einer rund 700 m² großen Berg-Mähwiese, wie sie grundsätzlich für den Hotzenwald charakteristisch ist. Als Ausgleichsmaßnahme im Rahmen einer Baumaßnahme für ein Gewerbegebiet („Hinterm Schaffeld III“) wurde sie mit Hilfe von autochthonem und gebietseigenem Saatgut auf einer Fläche angelegt, die vorher eine artenarme Fettwiese aufwies. Erklärtes Ziel der Maßnahme war es, aufzuzeigen, wie schön unsere eigenen mageren Bergwiesen sein können und dass diese Flächen ein wertvolles Kulturgut darstellen. Um die gewünschte öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen, wurde die Fläche beim Wettbewerb „Goldene Wildbiene“ eingereicht, aus dem sie siegreich hervorging.

Schlüssel zum Erfolg der Maßnahme war eine gründliche Vorbereitung:

Diese hat zwei Jahre Zeit in Anspruch genommen, da umfangreiche Erdbewegungen im Rahmen der Baumaßnahmen auf der Fläche stattgefunden haben. Hier war der Bauhof der Gemeinde Rickenbach und eine externe Firma involviert. Der Oberboden wurde abgeschoben und deponiert. Die besagte Fläche wurde mit Unterboden aus der Fläche und Region wieder aufgefüllt.

Für die Einsaat stellte ein örtlicher Bio-Landwirt einen Teil seines Wiesendruschgutes zur Verfügung. Dieses Material, auch als „Heublumen“ bei den Bauern bekannt, ist das Samenmaterial, welches nach dem Eintrag auf dem Heuboden verbleibt. Üblicherweise wird es für Wildschwein- bzw. Traktorschäden auf den Wiesen zur Wiedereinsaat verwendet. Der Landwirt spendete dieses Material 2022 an die Gemeinde für dieses Projekt. Da die Menge für die Fläche jedoch nicht ausreichte, wurde zusätzlich passendes Saatgut aus dem Herkunftsgebiet 10 (Schwarzwald) über die Firma Wiesendrusch in Ihringen bestellt. Somit besteht das Artenspektrum nicht nur aus gebietseigenen Arten, sondern auch aus der genetischen Vielfalt des regionalen, inner-artspezifischen Materials. Die Einsaat erfolgte unter Anleitung des Schwarzwaldvereins Vorderer Hotzenwald, der dieses Projekt ehrenamtlich begleitet. Das finale Auffüllen, die harmonische Modellierung und das Anwalzen der Fläche erfolgte wiederum durch eine externe Firma.

Als botanische Zielarten wurden Schwarze Flockenblume und Silberdistel ausgewählt. Die Silberdisteln sind noch in der Ex-situ Kultur. Die Blühzeiten der verschiedenen Pflanzenarten sind an die Flugzeit der Wildbienen angepasst. Da es sich um besonders kräuterreiches Wiesendruschgut handelt, ist die Blütenpracht dauerhaft und muss nicht jährlich neu eingesät und bearbeitet werden – gemäß dem Prinzip: mehrjährig und nachhaltig. Der Verzicht auf Dünger und Pflanzenschutzmittel ist ebenso selbstverständlich wie das Abräumen von Mahdgut nach jedem Schnitt.

Ein Teilaspekt der Maßnahme ist ein Altgrasstreifen, der als „Insekten-Puppenstube“ über den Jahreswechsel stehen gelassen wird. Damit soll zum einen eine Schmetterlings-Wiese etabliert werden, zum anderen aber auch ein Ausgangspunkt für eine gezielte Informationskampagne entstehen. Durch begleitende Berichte in der örtlichen „Rundschau Rickenbach“ sollen die Zusammenhänge erläutert und Argumente gegen falsch verstandene „Ordnung und Sauberkeit“ auf den Grünflächen vorgebracht werden. Und die Öffentlichkeitsarbeit geht weiter: Eine mehrteilige Veranstaltung der Volkshochschule Wehr wurde im Frühjahr 2024 zu dem Thema Naturgarten, Wildpflanzen und Artenkenntnis durchgeführt. Das Thema Wiese wird auch in den örtlichen Naturpark-Kindergärten und der Naturpark-Schule besprochen.

 

Ein weiteres Projekt war die Entfernung eines Schottergartens im Herbst 2023 am Rathaus von Rickenbach.

Hierbei geht es um die Beseitigung eines naturfernen Schottergartens mit einer Größe von rund 25 m² im Bereich des Rathauses und die Umgestaltung zu einem insekten-freundlichen Blumen-Schotter-Rasen. Die Fläche ist inzwischen eingesät und mit Blumenzwiebeln bepflanzt worden. Von der Maßnahme wurde eine Dokumentation erstellt, die zugleich als bebilderte „Schritt-für-Schritt“-Anleitung für potenzielle Nachahmer dienen soll. Außerdem wurde ein Info-Paket der Gemeindeverwaltung für alle neuen Hausbesitzer zur nachhaltigen Lösung des Problems zur Verfügung gestellt.

Die Kampagne „Blühendes Rickenbach“ hat von ihrem Beginn 2014 an eine Reihe von Aspekten beinhaltet, die maßgeblich zum Erfolg der Maßnahmen beitragen:

  • ausgeprägtes ehrenamtliches Engagement im Rahmen bestehender Vereinsstrukturen und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit

  • enge Abstimmung mit der Gemeinde, teilweise Übernahme der Pflege der öffentlichen Flächen gegen Aufwandentschädigung (gespendet für den Naturschutz vor Ort) 

  • Teilnahme an Wettbewerben (z. B. „Goldene Wildbiene“) zur Motivation der vor Ort Engagierten und für öffentliche Aufmerksamkeit

  • Öffentlichkeitsarbeit durch Vorträge, Führungen, Kommunikation über das Internet und die lokale Presse, Erstellung von Praxis-Handreichungen mit Anleitungen zum Selbermachen

  • Motto: „Wer anderen eine Blume sät, blüht selber auf“ – was immer wir schenken, erhalten wir mindestens doppelt zurück.

 

(Wir danken dem Initiator des „Blühenden Rickenbach“, Dr. Ralf Engel, für die ausführlichen Informationen.)