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TOP-Meldung Juni 2022: Naturschutzwarte-Tagung am 04.06. in Ihringen

05. 06. 2022

Motiviert von dem offenen Brief von Meinrad Joos (im negativen - ich habe berichtet), habe ich mich zur Naturschutzwarte-Tagung von unserem Verein einladen lassen. Bisher habe ich mich ja fast ausschliesslich mit Rickenbach beschäftigt. Aber hier ist mir etwas aufgefallen, was ich unbedingt anbringen wollte:

 

Wir sind Naturschutzwarte und bei uns sollte Ökologie und nicht Ökonomie an erster Stelle stehen. Deshalb war mein Vorschlag ein Positionspapier "Naturschutz / Biodiversität" im Schwarzwaldverein zu entwickeln. Dies wurde zumindest aufgenommen. Ich wäre auf jeden Fall bereit, daran mit zu arbeiten.

 

Es war ein anspruchsvolles Tages-Programm:

 

Herr Gerecke (Fachbereichsleiter Naturschutz) sprach über das neue Positionspapier des SWV zum Thema Klima, Energie und Landschaft - neue Herausforderungen für den Natur- und Landschaftsschutz.

 

Das Papier ist aus meiner Sicht sehr gelungen, ich konnte zu 95% zustimmen. Ein Punkt viel mir dabei auf, der mir als Naturschützer natürlich etwas unverständlich vorkam.

Zitat: Die Stilllegung produktiver Waldflächen über das bestehende Bannwaldprogramm hinaus muss im Interesse des Klimaschutzes unterbleiben.

 

Hierzu muss man wissen, dass die BW Forst sich selbst als Ziel gesetzt hat, 10% des Staatswaldes aus der Nutzung zu nehmen (bisher 5-6%) und darüber hinaus ist es Ziel der BRD Wildnisgebiete (Waldgebiete grösser als 1000 ha) auf 2% der Flächen von BW auszuweisen. Der derzeitige Stand ist ca. 0.7%, d.h. es fehlen demnach noch 1.4%, trotz Nationalpark (!). Anmerkung: die EU fordert 10% Schutzgebiete ohne wirtschaftliche Nutzung. Aus diesem Grund war mir die Forderung der "Nichterweiterung des Nationalparks von Meinrad Joos" im Interview mit der Badischen Zeitung absolut unverständlich.

 

Man sieht, es bleibt noch viel zu tun. Meiner Meinung nach sollte man aber erst die Ziele erreichen, die man sich selber gesetzt hat (hier BW Forst) bevor die Bremse "gemacht" wird. Wir müssen im Gegenteil bei der Zwillingskrise Klimawandel und Biodiversitätskrise "Gas" geben.

 

Gemäss diesem Motto wurde uns von einer Expertin vom Fraunhofer-Institut die Agro-Photovoltaik erklärt. Die Aussage, die bei mir hängen blieb, Agro-Photovoltaik auf 4% der landwirtschaftlichen Fläche würde unseren Energie-Hunger von heute abdecken.  In diesem Zusammenhang hat Herr Gerecke, die Forderung des Schwarzwaldvereins nach dem "unverbauten Landschaftsbild" etwas relativieren wollen. Die Arbeitsgruppe war sich einig, dass dies weiter ausformuliert werden sollte. Vielleicht mit dem Vorschlag einer Positivliste, damit nicht ganz Deutschland zu einer Energielandschaft umgestaltet wird.

 

Danach wurde das Naturzentrum Kaiserstuhl besucht und angeschaut (siehe Foto). Das habe ich mir schon immer mal vorgenommen. Ich habe viele inspierende Sachen gesehen - ich komme wieder... Danach gab es ein sehr gutes Mittagsessen und weiter ging es im Programm.

 

Am Nachmittag haben wir eine 14 ha grosse PV-Anlage bei Achkarren am Kaiserstuhl mit einer Führung durch Herrn Vögtle (Bürgerenergiegenossenschaft Solarpark Vogtsburg) angesehen. Für mich ganz erstaunlich, diese Gemeinde deckt seinen eigenen Klimabedarf heute bereits zu 70% durch diese Anlage. Man stelle sich mal vor, jede Gemeinde im Land würde verpflichtet seinen eigenen Energiebedarf dezentral vor Ort zu decken. Geht nicht? Geht doch! Das Erfolgsrezept der Gemeinde Achkarren ist eine Genossenschaft und engagierte Bürger vor Ort, die das möglich gemacht haben UND die Erfahrung mit dem allgemeinen Protest gegen ein Atomkraftwerk vor Ort. Ist es nicht komisch, dass uns erst eine Krise einigen muss, bei uns könnte man das NEIN zum Pumpspeicherwerk Atdorf II als Anlass nehmen, etwas "gemeinsames" zu schaffen - wäre das nicht toll? Klimawandel kann auch so einfach sein...

 

Dietmar und Gemeinderat - wäre so etwas nicht auch bei uns möglich?

 

Peter Lutz plant die Veranstaltung immer so, dass wir am Nachmittag ein Naturschutzgebiet bei uns im Land besuchen. Diesmal war es das NSG Büchsenberg (12 ha) einen der beiden letzten Flaumeichenwälder des Kaiserstuhls. Ich war vorher noch nicht wirklich am Kaiserstuhl. Die Flora war grösstenteils schon verblüht und fast voll vertrocknet. Aber mit ein bisschen Erfahrung konnten wir Flaum-Eichen, Feld-Ahorn, Feld-Ulme, Elsbeere, den Blasenstrauch (Colutea arborescens), die Strauchwicke (Coronilla emerus), Wiesenraute, den Diptam (Dictamnus albus - Höhepunkt), wilde Rauke (schmeckte sehr würzig) und vor allem mein erster Zick-Zack-Klee (Trifolium medium) :-) u.v.m. entdecken. Allerdings haben wir auch gesehen, dass dieser wäremeliebende Wald auch viel Totholz aufwies, da blutete das Förster-Herz, meins noch nicht... es war ja kein Wirtschaftwald, obwohl bei uns ja auch in Naturschutzgebieten Holz eingeschlagen wird. Wobei hier der Wald zur Verjüngung der Flaumeichenpopulation und wegen der Diptam-Population stark aufgelichtet wurde. Wir haben auch gehört, dass hier Samenmaterial der Flaumeneiche vom Forst gewonnen wurde.

Aber, was uns gemeinsam erschrocken gemacht hat, war die Rußrindenkrankheit auf Berg-Ahorn, die 2005 erstmals in Deutschland in Karlsruhe beschrieben wurde. Der extrem wärmeliebende Rindenpilz profitiert von den außergewöhnlich langen Sommern mit Trockenstress, Wassermangel und großer Hitze und befällt in unserer Region hauptsächlich Spitz- und Berg-Ahorne. Allerdings tritt die Erkrankung nur sporadisch auf und scheint – anders als beim Eschentriebsterben – kein grundsätzliches Risiko für den Fortbestand der Ahorn-Arten in Mitteleuropa darzustellen.

 

Das nächste Mal werde ich mir das NSG Büchsenberg Anfang/Mitte Mai anschauen - ich komme wieder, versprochen.

 

Insgesamt eine echt gelungene Veranstaltung. Danke an Peter Lutz und Dr. Karl-Ludwig Gerecke (siehe auch angehängte Datei - Naturschutzwartetagung - Nachlese.

 

 

Bild zur Meldung: SWV Bezirks-Naturschutzwarte-Tagung 04.06.2022